20 minuten | 27.07.2023

 

ÖKOBATTERIE: Erste Schweizer Gigafactory – diese Firma will Akkus revolutionieren

 

Ohne umweltschädliches Lithium, nicht brennbar und länger haltbar: Die Akkus der Firma Swiss Clean Battery bieten viele Vorteile. Die Entwicklung ist weiter als bei Autogiganten wie VW und Toyota.

 

Von Fabian Pöschl

 

Feststoffakku: darum gehts

 

•    Eine Thurgauer Firma setzt auf Festbrennbatterien.
•    Sie benötigen kein Lithium und sind länger haltbar.
•    Jetzt plant sie die erste Gigafactory der Schweiz.

 

Die Leistung der gängigen Lithium-Ionen-Akkus sinkt nicht nur im Handy, auch beim Elektroauto besteht das Problem. Zudem verursacht der Lithium-Abbau grosse Umweltschäden. Doch jetzt mischt eine Firma aus Frauenfeld (TG) den Batteriemarkt mit einem Ökoakku auf.

 

 

Das kann der neue Akku

 

Die Firma Swiss Clean Battery (SCB) baut eine Feststoffbatterie. Im Gegensatz zum Lithium-Akku mit flüssigen Elektrolyten ist der Elektrolyt fest und nicht brennbar und damit sicher, wie Geschäftsführer Thomas Lützenrath zu 20 Minuten sagt. Weil die Batterie Schwefeldioxid, Schwefeleisenverbindungen und Graphit statt der kritischen Rohstoffe Lithium, Kobalt oder Gold brauche, sei sie um 50 Prozent umweltfreundlicher und weil sie 100’000 Ladezyklen statt 3000 biete, sei sie auch deutlich billiger.

 

 

Dafür ist der Akku geplant

 

Die derzeitige Standardgrösse von 13 mal 13 Zentimetern dient für etwa 40 der gängigsten Anwendungen wie E-Autos, Schiffe, Stromnetze und Industriespeicher. Schweizer Unternehmen wie die SBB, Migros und Stadler Rail wollen laut der «Handelszeitung» die ersten Testzellen haben. Auch ausländische Fahrzeughersteller, Schiffsbetreiber und Energieversorger hätten Absichtserklärungen unterzeichnet.

 

SCB baue auch einen Heimspeicher für Schweizer Privatkunden als Demoversion, so Lützenrath. Mit einer anderen Form liesse sich der Akku auch in Geräten wie Handys oder Bohrmaschinen einsetzen. Für neue Akkuformen müsste der Hersteller der Akkugehäuse aber circa 60 Millionen Franken in neue Maschinen investieren, schliesslich müsste er derzeit circa 50 Millionen Gehäuse pro Jahr liefern können.

 

 

Wann gibt es den Akku?

 

80 Stück baute SCB bisher mit der deutschen Entwicklungsgesellschaft HPB, die zur selben Firmengruppe gehört. Die Akkus sind laut Lützenrath als Testzellen bei möglichen Kunden oder Kundinnen oder beispielsweise im Testlabor der Uni Freiburg im Minus-40-Grad-Kälteschrank. «Im Oktober werden wir alle Messdaten veröffentlichen. Diese werden sensationell», so Lützenrath. Jetzt will SCB in Ems (GR) die erste Gigafactory der Schweiz bauen. Dort soll ab 2025 die weltweit erste Massenfertigung für Feststoffbatterien beginnen.

 

 

So kam die SCB zum neuen Akku

 

High Performance Battery (HPB) forscht seit rund 30 Jahren an den Gründen für die Alterung und den Leistungsverlust von Lithium-Ionen-Akkus. «Eher zufällig entdeckte unser Forscherteam dabei, dass unser flüssiger Elektrolyt in der Zelle zum Festionenleiter aushärtet», sagt SCB-Chef Thomas Lützenrath. So kam es zum Feststoffakku.

 

 

Das bietet die erste Schweizer Gigafactory

 

Die Fabrik soll zuerst eine Produktionskapazität mit einer Gesamtleistung von 1,2 Gigawattstunden haben. Das wären 7,5 Millionen Akkus jährlich. Später soll die Produktion auf jährlich 7,6 Gigawattstunden mit 47,5 Millionen Akkus steigen. Die Fabrik mit sieben Etagen und 800 Arbeitsplätzen soll 400 Millionen Franken kosten. Lützenrath rechnet mit einem jährlichen Umsatz von zwei Milliarden Franken.

 

 

Das macht die Konkurrenz

 

Es gebe eine breite Palette an Forschungen zu Feststoffbatterien, sagt Corsin Battaglia, Batterien-Technologie-Forschungsleiter beim Materialforschungsinstitut Empa, etwa mit Natrium statt Lithium. Auch Auto-Giganten wie Toyota und VW sind an Feststoffakkus dran, haben es aber noch nicht zur Marktreife geschafft.

 

Sie sind laut «Handelszeitung» noch nicht so weit wie die SCB, die bereits Zellen mit jeweils 150 Wattstunden pro Kilogramm und 12’000 Ladezyklen ohne Leistungsverlust fertigte. «Die Herstellung dieser Akkus auf industriellem Massstab ist oft schwieriger, als ursprünglich angenommen, das dafür notwendige Hochskalieren benötigt dann häufig doch noch einiges an Forschung und Entwicklung», sagt Battaglia.